Diestedde (mw/bb). Der philosophisch-ethische Gesprächskreis des Stiftungszentrums Schloss Crassenstein lud Freitagabend (7. März) zu einem besonderen Diskussionsabend im „Kaminzimmer“ des Wasserschlosses ein. Unter dem Titel „Ohne Freiheit keine Politik, ohne Politik keine Freiheit?“ widmete sich die Veranstaltung einem brandaktuellen Thema: Dem grundlegenden Spannungsverhältnis demokratischer Gesellschaften, insbesondere auch im ländlichen Raum. Als kompetente Gäste des Abends waren zwei gebürtige Diestedder geladen: Die Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Isabelle-Christine Panreck (Köln) hielt einen Impulsvortrag. Moderiert wurde der Abend von dem Literaturwissenschaftler Jasper Gehringhoff (Berlin), der die Diskussion leitete und die Fragen des Publikums einbrachte.
Dr. Frank Röschinger, Vorsitzender des Stiftungszentrums, hieß die Anwesenden und die virtuell zugeschalteten Gäste im Livestream herzlich willkommen. In seiner Eröffnung betonte er die Bedeutung von Schloss Crassenstein als einem Ort der Freiheit und des demokratischen Diskurses. „Hier wird Demokratie gelebt. Es ist uns eine besondere Freude, heute eine so kompetente Referentin begrüßen zu dürfen“, erklärte er. Gleichzeitig äußerte er seine Besorgnis über aktuelle politische Entwicklungen, insbesondere im Hinblick auf militärische Aufrüstungsprogramme, Angriffskriege und zunehmende gesellschaftliche Spannungen.
Politik als Zwischenraum und Herausforderung für Demokratien
Prof. Dr. Panreck führte die Zuhörenden in ein erweitertes Verständnis von Politik ein. Sie bezog sich dabei insbesondere auf die Theorien von Hannah Arendt und erklärte, dass Politik nicht auf Institutionen und Wahlen beschränkt sei, sondern in dem Raum entstehe, in dem Menschen sich begegnen, miteinander streiten und gemeinsame Lösungen aushandeln.
In ihrem Vortrag ging sie auf die aktuellen Herausforderungen für (liberale) Demokratien ein. Dabei nahm sie besonders die Krise der Parteien in den Blick, das schwindende Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in politische Institutionen sowie den Aufstieg rechtspopulistischer Bewegungen. Gerade der Umgang mit Pluralität sei eine der größten Herausforderungen demokratischer Systeme, stellte Prof. Dr. Panreck fest. Demokratische Prozesse seien per se mühsam und erforderten Kompromissbereitschaft – eine Fähigkeit, die im politischen Alltag zunehmend verloren zu gehen scheine.

Vertrauen in die Demokratie und Bildung als Schlüssel
Im anschließenden Gespräch ergab sich eine lebhafte Debatte. Besonders intensiv wurde über den Vertrauensverlust in politischen Parteien diskutiert. Die traditionellen Milieus, die einst feste Bindungen an Parteien hatten, würden zunehmend verschwinden. Die Referentin ergänzte, dass sich dies auch in Umfragen zeige: Während das Bundesverfassungsgericht nach wie vor großes Vertrauen genieße, seien Parteien und Kirchen Institutionen, denen viele Bürgerinnen und Bürger kritisch gegenüberstünden. Ein weiteres zentrales Thema war die politische Bildung. Die Referenten hoben hervor, dass Demokratie nicht erst im Erwachsenenalter gelernt werden sollte, sondern bereits in der Schule beginnen müsse. Die Frage nach direkter Demokratie wurde ebenfalls kontrovers diskutiert.
Die Diskussion im Schloss Crassenstein machte deutlich, wie wichtig es ist, über die Grundlagen von Freiheit und Politik zu sprechen – und wie notwendig es ist, diese aktiv zu verteidigen. Der Abend endete mit einem gemeinsamen Imbiss und Gedankenaustausch.
Fotos/Text: B. Brüggenthies