Diestedde / Ahrtal (mw/bb). Die Eindrücke, die die Diestedderin Gabi Schürmann vergangene Woche aus dem Ahrtal mitbrachte, sind unbeschreiblich. Als Fluthelferin packte sie mehrere Tage in der vom Hochwasser zerstörten Region mit an. Über die Initiative „Helfer-Shuttle“ wurde sie über Facebook aufmerksam und beschloss direkt, selbst mit anzupacken, um die Not der Menschen vor Ort etwas zu lindern. Eine Erfahrung, die sie nicht missen möchte. Schon jetzt plant sie einen weiteren Einsatz.
Eine Vorwarnung gab es nicht, als die Wassermassen am 14. und 15. Juli über das Ahrtal hineinbrachen. Die beschauliche Weinregion und mit ihr unzählige Existenzen wurden binnen Minuten von der Flut zerstört. Nichts als Schlamm und zerstörtes Eigentum ließ das Wasser zurück. Die schreckliche Katastrophe zeigt, wie hilflos man den Naturgewalten ausgesetzt ist. Für die Bewohnerinnen und Bewohner der betroffenen Ortschaften begann eine Zeit der Ungewissheit. Verlassen konnten sie sich aber auf die Solidarität von Menschen aus ganz Deutschland. Wie eine Kettenreaktion wurde eine unglaubliche Spenden- und Hilfsbereitschaft und Anteilnahme mit den Opfern der Flut ausgelöst. Auch drei Monate nach der Katastrophe, strömen Helferinnen und Helfer in die Region, um beim Wiederaufbau zu helfen. Die Zeit rennt, denn noch immer die Infrastruktur nicht wiederhergestellt und der Winter steht vor der Tür.
Eine Helferin aus Diestedde machte sich vergangene Woche auf den Weg ins Ahrtal und berichtet exklusiv für Mein-Wadersloh.de von ihren Eindrücken aus dem Ahrtal. „Ohne die sozialen Medien wäre die Organisation und das Aufmerksammachen auf die Hilfsaktionen kaum vorstellbar“, berichtet Gabi Schürmann. Auf Facebook war sie auf die private Initiative „Helfer-Shuttle“ aufmerksam geworden, die vor Ort freiwilliger Helferinnen und Helfer versorgt und Hilfseinsätze organisiert. „In meinem privaten Umfeld habe ich zwei Betroffene des Hochwassers. Für mich war direkt klar, dass ich helfen möchte. Ich bin schwer beeindruckt, wie gut organisiert das alles ablief“, so die Diestedderin. Betroffene können bei der Initiative Hilfsanträge stellen, wie z.B. beim Schlammraustragen oder der Weinlese.
Für Gabi Schürmann, die privat anreiste, begann der Hilfseinsatz rund 10 Autominuten vom Innovationspark Rheinland entfernt, wo der Schlafplatz Leimersdorf rund 500 Hilfskräfte aufnehmen kann. „In den Zelten hatten wir unsere Schlafplätze. Dahinter befindet sich das Catering-Zelt, in dem man u.a. kostenlos frühstücken kann, für abends stehen sogar Gesellschaftsspiele und was zum Lesen bereit und dort sind auch die diversen Schließfächer untergebracht“, so die Helferin. Auch ein Sanitärzelt gab es vor Ort, welches von einem Festivalausstatter zur Verfügung gestellt wurde. In einer eigenen Schmiede vor Ort wurde das Arbeitsmaterial neu geschärft.
„Welchen Auftrag man bekommt, weiß man vorher nicht. Im ganzen Helfer-Camp herrscht ein besonderer Geist. Man spürt, dass alle helfen möchten. Trotz der Betroffenheit aufgrund der Gesamtsituation ist die Stimmung gut. Aus dem nahegelegenen Haribo-Werk gibt es Süßkram, die Frühstückseier sind mit Smileys verziert. Aus der umliegenden Region packen alle mit an und helfen den Betroffenen so gut es geht. Eine private Initiative kocht mehrmals pro Woche Suppe und das seit drei Monaten“, schildert Gabi Schürmann ihre Eindrücke. „Es ist einfach unglaublich, dass da mit einer Eimerkette 200 Tonnen Schlamm aus einem Weingarten abtransportiert wurden. In einer Ortschaft sind von 600 Häusern 100 unbewohnbar. Überall gibt es alle Hände voll zu tun, auch wenn schon viel geschafft wurde. Jetzt wo bald der Winter einbricht, ist es wichtig, die Häuser trocken zu bekommen. Die Kälte ist derzeit eine große Gefahr. Jetzt müssen hier Fachleute übernehmen und z.B. die Elektrik wiederherstellen. Nachdem schon viel Abbau erledigt ist, muss nun der Aufbau losgehen. Im Frühjahr können dann wir Ungelernten wieder eine ganze Menge Hilfe leisten, z.B. beim Tapezieren, Wände streichen, Möbel reinräumen“, berichtet die Helferin.
Nach jedem Arbeitstag findet im Helfer-Camp eine Helferzählung und „Abendandacht“ statt. Das Menschliche wird unter den Helferinnen und Helfern so großgeschrieben wie die „SolidAHRität“ mit den Betroffenen in der Hochwasserregion. Sie eint das gemeinsame Ziel, den Menschen hier ein wenig Hoffnung zu schenken. „Auch aus unserer Region gibt es viel Anteilnahme. So haben mir die Bäckereien Schwichtenhövel und Café Twin einige Essensspenden mit auf den Weg gegeben. Viele Münsterländer sind vor Ort und kümmern sich z.B. um den Bau eines Spielplatzes und sammeln Spenden dafür, damit die Kinder wieder einen Platz zum Spielen haben. Eine Gruppe aus Herzebrock sorgt für die Renovierung einer Kirche. Vor allem Privatleute und Landwirte packen mit an. Bevor der Winter kommt, müssen auch die Behörden handeln“, sagt Gabi Schürmann.
Die Eindrücke werden bleiben und die Diestedderin plant schon jetzt einen weiteren Hilfseinsatz und hofft zugleich, dass auch viele andere ihrem Beispiel folgen und Teil des „Helfer Shuttles“ werden: „Die Dankbarkeit der Menschen im Ahrtal ist einfach unglaublich groß. Das spürten wir als Helfer jeden Tag. Viele sind immer noch traumatisiert. Ich bin daher sehr froh, dass man hier vor Ort sinnvoll Zeit einsetzen kann und ich bin sehr guter Dinge am Freitag nach Diestedde zurückkehrt. Irgendwie ist es aber auch traurig, dass es einer Naturkatastrophe für soviel Menschlichkeit und SolidAHRität bedarf. Diese Reise ins Ahrtal hat mir viel bedeutet und werde definitiv ein weiteres Mal dort hinfahren!“
Weiterführende Infos „Initiative Helfer Shuttle“
Fotos: privat, Text: mw/bb.