Essen-Kettwig / Liesborn (mw/bb). Der künstlerische Leiter des Kammermusik-Festivals Liesborn, Florian Meyer-Langenfeld, blickt trotz der erstmaligen Absage in der 49-jährigen Geschichte zuversichtlich in die Zukunft der beliebten Abteikonzerte. Kammermusik von Weltrang in familiärer Atmosphäre im beschaulichen Münsterland. Das Lebenswerk des leidenschaftlichen Musikers sollte im Jahr 2021 mit der 50. Auflage der Abteikonzerte einen weiteren Höhepunkt finden. Nun verschiebt sich alles um ein Jahr. Für den Initiator aus Essen-Kettwig war die Corona-bedingt Absage für die 2020er-Veranstaltungsreihe alternativlos. Im Gespräch mit MW begründet Florian Meyer-Langenfeld seine Entscheidung.
Florian Meyer-Langenfeld spricht wie gewohnt mit klarer Stimme und voller Vitalität. Kaum eine Spur von Betrübtheit am Tag der offiziellen Absage seines musikalischen Lebenswerks. Erstmals in seiner Geschichte werden in diesem Frühjahr keine Musikerinnen und Musiker von Weltrang im Festsaal des Museums Abtei Liesborn die Besucher mit ihrer grenzenlosen Spielfreude erfreuen. Dabei standen auch in diesem Jahr vom 16. Mai bis 21. Juni hochkarätige Gäste auf dem Kammermusik-Festivalplan: Das Novus-String Quartett sollte den Auftakt bilden. Ein weiterer Höhepunkt hätte am 23. Mai stattgefunden: Die Troussov-Geschwister hatten einen musikalisch-literarischen Abend mit dem bekannten Schauspieler Heino Ferch zu Gehör gebracht. Briefe und Werke von Schumann und Brahms wären sicher zu einem unvergesslichen Erlebnis geworden. Die Vorstellung war bereits restlos ausgebucht.
„Wenn sogar die Bayreuther Festspiele abgesagt werden, dann folgen eigentlich alle Festivals mit einer Absage. Wenn sich die Lage wieder beruhigt, dann kann auch wieder Kultur stattfinden“, sagt Florian Meyer-Langenfeld. Von vornherein stand fest, dass die Abteikonzerte jedes Jahr eine Einheit sind. Ein oder mehrere Abende absagen? Das wäre nicht infrage gekommen. Wenn in der Vergangenheit ein Programmpunkt krankheitsbedingt ausfiel, so konnte immer noch hochkarätiger Ersatz gefunden werden. Doch im Jahr 2020 gibt es keine Patentlösung gegen Corona. Gerade auch um das Publikum zu schützen, kam nur eine komplette Absage infrage. „Der Düsseldorfer Flughafen ist nur ein paar Minuten von meinem Wohnort entfernt. Selbst da herrscht derzeit eine Riesenstille. Ich habe direkt mit den Agenturen gesprochen und wir sind zuversichtlich, dass wir die geplanten Konzerte spätestens in zwei Jahren nachholen können“, gibt sich der künstlerische Leiter optimistisch. Tatsächlich hätten schon viele Künstler und Agenturen mit der Absage des Liesborner Kultur-Highlights gerechnet. „Einige Künstler könnten nicht mal anreisen, da sie aus Spanien nicht wegkommen. Das Publikum kann nicht kommen. Überall leere Straßen – auch bei mir zuhause in Essen. Die aktuelle Situation macht es unmöglich, das Festival durchzuführen. Hier war ich mit Bürgermeister Christian Thegelkamp und Kurator Roman Sunder sofort einer Meinung“, berichtet Florian Meyer-Langenfeld von der finalen Entscheidung am Donnerstag.
Persönlich hatte er sich vor allem auf den Besuch von Heino Ferch gefreut: „Der Autor Harald Eggebrecht hat sich bereit erklärt, seine Textzusammenstellungen der Briefe und Werke von Brahms und Schumann von Heino Ferch vortragen zu lassen. Mit der musikalischen Begleitung von Alexandra und Kirill Troussov wäre dieser Abend unvergesslich geworden“, so Florian Meyer-Langenfeld. Ob und wie die geplanten Konzerte nachgeholt werden, steht derweil noch in den Sternen, denn das Festival hat jedes Jahr eine Vorlaufzeit von zwei Jahren. Aus gutem Grund: Die national und international gefeierten Musiker brauchen den Vorlauf.
Nicht nur die etablierten Musiker kommen gerne nach Liesborn, auch für den musikalischen Nachwuchs, die im Rahmen des „Liesborner Debüts“ mit ihren Talenten überzeugen, ist der Auftritt in den historischen Abteigemäuern eine großartige Erfahrung. Liesborn reiht sich hier neben der Kölner Philharmonie und der Tonhalle Düsseldorf als dritter Auftrittsort der jungen Musikerinnen und Musikern nach dem Wettbewerb ein. Doch auch dieses so besondere Abschlusskonzert hätte in diesem Jahr nicht stattfinden können: Die jungen Talente sind 1. Preisträger des renommierten Wettbewerbs „Jugend musiziert“. Die Landeswettbewerbe und der Bundeswettbewerb konnten aufgrund der Corona-Situation jedoch nicht durchgeführt werden. Schon drei Wochen vor der Absage wurde Florian Meyer-Langenfeld vom Deutschen Musikrat darüber in Kenntnis gesetzt. Auch diese Absage ist ein Novum in der Musikgeschichte.
Das Kammermusik-Festival in Liesborn ist das älteste im Bundesland NRW. Das Lebenswerk von Florian Meyer-Langenfeld mag verschoben sein, aber der Initiator verspricht: „Es bleibt! Ich freue mich auf ein vielseitiges 49. und ein ebenso besonderes 50. Kammermusik-Festival im Museum Abtei Liesborn!“
Florian Meyer-Langenfeld im Porträt: Die Geschichte von NRWs ältestem Kammermusik-Festival
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Fotos/Video/Text: B. Brüggenthies