Liesborn (mw/bb). Gute Neuigkeiten am Vorabend vor dem großen Jubiläumsfest im Liesedorf: Die Schützenfahne weht wieder über der Abteikirche. Die Freude darüber ist in Liesborn riesengroß. Die Nachricht von der wieder installierten Turmfahne verbreitete sich rasend schnell – über WhatsApp-Gruppen, soziale Netzwerke und natürlich auf dem Kirchplatz selbst, wo sich am Abend zunächst nur ein kleines Turmfenster öffnete und Stück für Stück der Fahnenmast zum Vorschein kam. Ein Jahr lang hatten Schützenverein, Heimatverein und viele engagierte Bürgerinnen und Bürger auf dieses Ziel hingearbeitet: die Rückkehr des historischen Fahnenmasts, der seit 1789 als Besonderheit an der Abteikirche galt, aber vor einigen Jahren aus Sicherheitsgründen abgebaut werden musste. Nun ragt er wieder aus der Turmspitze – 15 Meter hoch, mit einer imposanten fünf Meter langen Fahne und kündigt von weither an, dass in Liesborn Schützenfest gefeiert wird.


„Wir sind ja seit gut einem Jahr zugange und versuchen, altbewährtes, traditionelles wieder in Liesborn auf unsere Kirchturm zu bekommen“, sagt der Vorsitzende des Schützenvereins, Werner Tyrell. „Es ist wirklich schon ein großartiger Moment, wenn man wirklich dieses Jahr zurückblicken kann und auch feststellen kann, mit welcher Begeisterung, mit welcher Großzügigkeit viele Liesborner reagiert haben.“
Technisches Meisterstück aus Liesborn
Möglich gemacht hat das Ganze die Liesborner Firma Demandt Stahl- und Maschinenbau. Ein echtes Heimatprojekt also – und ein herausforderndes dazu, wie Geschäftsführer Philipp Demandt erzählt: „Gerade das Besondere an dieser Fahnenkonstruktion ist, dass es deutschlandweit Kirchtürme gibt, wo auch Fahnen gehisst werden. Die werden aber am meisten seitlich rausgeschoben, weil die Türme auch viel spitzer sind. Und in Liesborn haben wir einen relativ flachen Turm.“

Heinz-Josef Demandt, ebenfalls maßgeblich am Projekt beteiligt, hat die Besonderheit nochmals recherchiert: „Ich habe heute aber nochmal gegoogelt und versucht herauszufinden, wo es solche Fahnen oder Fahnenstangen gibt, die oben aus dem Turm rausgeschoben werden. Und ich habe sehr viele Bilder auch bei Google für England gefunden, aber in Deutschland – in Karlsruhe einen Turm – aber ansonsten relativ wenig.“
Die bisherige historische Holzkonstruktion war nicht mehr zulässig – ein Ersatz musste her. Und der sollte sowohl den Denkmalschutz respektieren als auch den aktuellen Sicherheitsvorgaben gerecht werden. „Dann haben wir halt angefangen zu schauen, wie man sowas heutzutage lösen kann unter den sicherheitsrelevanten Gesichtspunkten.“ Die Umsetzung glich einem Puzzlestück: „Das ging erstmal so los, dass wir wussten, da muss eine Fahnenstange hoch, die irgendwo 15 Meter Höhe hat. Und dann der erste Schritt, das war eine richtige Bauchlandung – da haben wir uns ein Bandmaß genommen, 5 Meter lang, und wollten erst einmal hochgehen und gucken, wie weit kann man das da hoch transportieren. Und haben dann direkt in der ersten Kurve festgestellt: Feierabend, maximal 3 Meter, mehr geht hier gar nicht hoch.“
Die rettende Lösung: Eine dreiteilige Konstruktion aus Stahlrohren mit unterschiedlichen Durchmessern (150 bis 75 mm), die einzeln eingebracht und im Turminnern verschraubt wurden. Als Zugang diente das herausnehmbare Ziffernblatt der Kirchturmuhr.
Ein Fahnenmast mit Symbolkraft
„Vielleicht musste es ein Wunder geben – und vielleicht erleben wir gerade hier ein Wunder“, sagt Tyrell mit Blick auf die Abteiturmkirchspitze und somit auf das Gelingen des Projekts, zugleich vorfreudig auf das anstehende Festwochende zum 75-jährigen Bestehen des Schützenvereins Liesborn: „Wir freuen uns auf die nächsten drei Tage. Wir sind alle aktiv dabei, dass wir uns hier als großartiger Gastgeber darstellen und freuen uns, wirklich alle Gastvereine hier begrüßen zu dürfen am Sonntag in unserem schönen Goldorf. Und das Schöne ist: Jeder Gastverein, der jetzt nach Liesborn kommt, wird sehen, in Liesborn ist was los – weil die Fahne auf dem Turm wird es uns zeigen.“

Derzeit wird die Fahne noch manuell über ein Seil gehisst, doch schon bald soll ein elektrisches Hebesystem zum Einsatz kommen. „Wir haben oben teilweise alte Holzleitern, die übereinander liegen. Um das ganz einfach sicher zu gestalten“, erklären Philipp und Heinz-Josef Demandt. Ziel sei ein System, bei dem man künftig einfach auf „Heben“ oder „Senken“ drücken könne. Philipp Demandt bringt es auf den Punkt: „Wir haben ja zum Glück nicht nur 0815, sondern viele solche Sondersachen. Und dann macht es auch keine Arbeit mehr. Es macht einfach nur noch Spaß dann das Ganze.“
Ein Knopfdruck für die Tradition und sinnbildlich ein starkes, sichtbares Zeichen für bürgerschaftliches Engagement, bei der es um die Bewahrung kultureller Identität geht. Horrido!
Fotos/Text: B. Brüggenthies, Titelbild: Schützenverein Liesborn