Wadersloh (mw/bb). Dezentes Licht, dezente Bühnen-Deko. Eine alte Lampe, eine Leder-Couch und – mitunter ungewöhnlich für ein Wohnzimmer: Ein Flügel. Manchmal schreibt die Musik die schönsten (Schul-) Geschichten – und manchmal kehren Schülerinnen und Schüler dahin zurück, wo alles begann. Am Freitagabend gab es in der Aula des Johanneums Erinnerungen, Musik, Humor und sogar ein bisschen Hoffnung. Daniel Pottgüter, Abitur-Jahrgang 2011, feierte ein Heimspiel der besonderen Art: Ein Comeback zu seiner ehemaligen Schule. Der Musiker und Hochschuldozent kehrte „zurück in die Penne“, wie er es selbst augenzwinkernd nannte – und füllte das Jubiläumsjahr des Gymnasiums mit einem Abend, der ganz nahbar und noch viel mehr voller Musik und Heimatliebe für Wadersloh war.



Statt eines klassischen Konzertformats entschied man sich für eine Wohnzimmer-Atmosphäre, angelehnt an Formate wie „Ina’s Nacht“ oder „Later with Jools Holland“. Martin Große Hundrup, Musiklehrer am Johanneum und musikalischer Wegbegleiter, moderierte den Abend im Talkformat: charmant, witzig und mit einer ordentlichen Prise Nostalgie. Zuvor hatte Schulleiter Wolfram Wenner das Publikum begrüßt und betonte den besonderen Stellenwert dieses Abends im Rahmen des 100-jährigen Schuljubiläums. Sein nicht ganz ernst gemeinter Hinweis auf die Programmänderung und der Vorschlag stattdessen doch eien Deutschstunde abzuhalten, verhallte im schallenden Applaus beim Einlauf Pottsgüters auf die Bühne. Schnell wurde deutlich: Dieser Abend war alles andere als ein „Ehemaligenkonzert“. Vielmehr aber ein musikalisches Klassentreffen mit Tiefgang, wie passend, dass Freunde und einstige Klassenkamerad*innen unter den Konzert-& Gesprächs-Abendgästen waren (und mindestens doppelt so laut klatschten während der Zeitreise mit musikalischer Note und tiefem Griff in die Schulerinnerungs-Fundgrube).




Pottgüter, heute u.a. Keyboarder der Kölschen Band „Miljö“, Dozent an der Hochschule für Musik in Köln und stolzes Mitglied der einst aus dem „Wadersloher Ferienspaß“ hervorgegangenen Band „Holiday Fun Ensemble“ fackelte nicht lange: Zwischen den spannenden Erzählungen ließ er das Publikum teilhaben, an dem, was er liebt. Mit flinken Fingern und sichtbarer, spür- und hörbarer Freude ließ er den Konzertflügel der Schule erklingen. Ob Filmmusik-Medley, eigene Wohlfühl-Songs „(Saunaboy“), gefühlvolle Eigenkomposition oder kölsche Töne: Das Spiel des in Wadersloh geformten „Kölschen Jungs“ war virtuos, die fröhliche Ausstrahlung des Musikers ansteckend. „Musik ist nicht nur meine Leidenschaft, Musik ist mein Leben“, sagte Pottgüter und man glaubte es ihm in jeder Note und mit jedem Wort.
Daniel Pottgüter spielte und sang, aber er profilierte auch als regelrechter Mutmacher für die kommende Generation von Musikschaffenden: Offen sprach er über seinen eigenen Werdegang, über die Umwege, ein abgebrochenes Studium, über Druck, Zweifel – und noch mehr über Chancen. Applaus gab es für die ehrlichen Worte (mit einem erneuten Augenzwinkern), als er die jungen Menschen im Publikum ansprach: „Nehmt das mit dem Abi nicht zu ernst. Irgendwann fragt da keiner mehr nach. Aber das, was man fürs Leben lernt, das bleibt.“ Seine Botschaft: Man muss nicht immer geradeaus laufen, auch Umwege führen ans Ziel. Und manchmal sogar zurück zur alten Schule – dem nun 100 Jahre alten Johanneum, an dem „Potti“ vor fast 15 Jahren die Schulbank drückte. Dass in der Mottowoche 2025 Schülerinnen und Schüler immer noch als „Marty McFly“ („Zurück in die Zukunft“) oder Saint-Exupéry’s „Kleiner Prinz“ verkleidet ihr Schulende feiern, erinnerte Pottgüter an seine eigene Schulzeit und erfüllten ihn mit Hoffnung, dass auch diese Generation ihren Weg gehen wird. Für seine eigene Lehrtätigkeit hat er auch wohlwollenden Optimismus übrig: „Junge Leute mitformen ist ein ganz großer Schatz, den man mit viel Verantwortung ausführen muss!“
Die Reise in die Vergangenheit war gespickt mit humorvollen Anekdoten und Einblicken in ein bebildertes Schul-Tagebuch. Erlebnisse im Blasorchester Diestedde und ein Konzertauftritt mit Rolf Zuckowski 2008 – noch vor dem Schulabschluss – gehörten zu den schönen Erinnerungen an das Aufwachsen in Wadersloh.
Der Talk mit Martin Große Hundrup entwickelte sich fast beiläufig zu einem generationenübergreifenden Gespräch über Schule, Musik, Medienkompetenz und Verantwortung. Pottgüter zeigte sich beeindruckt vom politischen Engagement heutiger Schülergenerationen: „Das finde ich mutig – und richtig cool.“ Auch seine eigene Schulzeit beschrieb er als „wohlbehütet, fast schon campusartig“. Dass er heute als Dozent lehrt, sieht er auch als besonderen Auftrag: Junge Menschen begleiten, fördern und gleichzeitig fordern – mit Respekt und Vertrauen.

Daniel Pottgüter zeigte – wie im Frühjahr bei seinen Konzerten mit Henrik Streffer im Museum Abtei Liesborn – erneut seine ganze Bandbreite. Auch wenn der „Kölsche Jung“ heute meist in der Domstadt Köln zu Hause ist (nach eigener Aussage träume er zwar nicht auf „kölsch“, sei aber dort mittlerweile anerkannt): Die Wurzeln in Wadersloh hat er nicht vergessen. Und wenn es Hohenfelder Pilsener statt Kölsch zum Stimmeölen gibt, dann weiß man: Im Heimatort ist es doch am schönsten.
Was bleibt von diesem besonderen Abend neben Akkorden und Anekdoten? Ein tief empfundenes Gefühl von Verbundenheit, von Stolz und von erfüllter Freude. Denn selten erlebt man ein Konzert (samt tiefgründigem Gespräch), das so sehr aus der Mitte des Wadersloher Lebens kommt und dann auch noch mit Großstadt-Feeling angereichert wird.
Wer Daniel Pottgüter als Teil des „HFE“ live erleben möchte: Am Samstagabend (7. Juni) spielt er mit seiner Band beim Diestedder Schützenfest.
Konzertkritik/Fotos: B. Brüggenthies