Wadersloh (mw/bb). Am Sonntag ( 16. Februar) versammelten sich rund 180 Menschen auf der Festwiese in Wadersloh, um gemeinsam ein Zeichen für Demokratie, Menschenwürde und Zusammenhalt zu setzen. Unter dem Motto „Nie wieder ist jetzt!“ hatten der Heimatverein Wadersloh und das Bündnis der Kirchen kurzfristig zur Teilnahme an der Menschenkette aufgerufen.
Bereits im Vorfeld wurde die Bedeutung eines klaren Bekenntnisses zu Demokratie und Vielfalt betont. Winfried Schlieper, Vorsitzender des Heimatvereins Wadersloh, stellte in seiner Begrüßungsrede heraus: „Wir haben es kurzfristig noch einmal auf den Weg gebracht, euch zu mobilisieren und einzuladen und mit uns diese Veranstaltung durchzuziehen. Das war jetzt kurzfristig, aber man muss auch mal spontan die Initiative ergreifen und sich dann auf den Weg machen.“ Er nahm in seiner Begrüßung Bezug auf die tragischen Ereignisse der vergangenen Woche in München, die die Menschen tief berührten, und sprach von der bewundernswerten Haltung der betroffenen Familie: „Bemerkenswert finde ich, dass die Familie jetzt dazu aufgerufen hat, diese Tat nicht zu instrumentalisieren für Hass und Hetze.“


Diakon Martin Voss ermutigte die Anwesenden im Anschluss, für eine offene und friedliche Gesellschaft einzutreten: „Liebe statt Hetze. Wenn menschliches Zusammenleben gelingen soll, dann schaue ich als Diakon, als Präses einer großen Kolpingsfamilie hier aus der Pfarrei, auf Jesus Christus. Und er sagt uns, liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Kein Mensch ist mehr wert als ein anderer.“ Sein abschließendes Gebet rief zur Verantwortung auf: „Bewahre uns vor Nationalismus und Hass, vor Fremdenfeindlichkeit und Hetze, vor Rassismus und Antisemitismus. Bewahre uns vor Machtmissbrauch, Korruption, vor Sexismus und Diskriminierung, vor Willkür und Rechtlosigkeit. Bewahre uns vor Populismus und Lüge, vor Extremismus und Gewalt, vor Diktatur und Krieg.“

Christian Thegelkamp, der als Privatperson sprach, erinnerte an die historische Verantwortung der Demokratie und rief die Anwesenden zur Wahlbeteiligung auf. Er erinnerte an das politische Schaffen von Friedrich Ebert, der vor 100 Jahren starb und als bedeutender Vertreter der Demokratie gilt. „Eine Demokratie kann nur bestehen, wenn sie von ihren Bürgerinnen und Bürgern aktiv gelebt, verteidigt und gestaltet wird, von innen und von außen, so wie Sie alle und wir alle das heute Abend hier tun.“ Er betonte die Bedeutung der demokratischen Haltung: „Wir stehen in der Verantwortung, unsere demokratische Ordnung zu schützen und zu stärken. Demokratie ist nämlich mehr als ein politisches System. Sie ist eine Haltung, die in unserem täglichen Miteinander sichtbar werden muss. Und sie ist unser aller Lebenselixier, auch wenn das von einigen heute anders gesehen wird.„

Madita Nitschke, Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde, betonte die Dringlichkeit der Aktion zur Stärkung der Demokratie: „Unsere demokratischen Grundrechte garantieren Freiheit, Würde und Recht allen Menschen in unserem Land. Sie sind ein Garant für Freiheit. Und doch erleben wir, dass es Kräfte gibt, die diese Freiheit einschränken wollen. Dass Sie alle heute hier sind, das zeigt, dass Ihnen die Demokratie nicht egal ist.“
Die Pfarrerin weiter: „Danke, dass Sie heute hier sind und Licht in das Dunkel bringen, das von allen Seiten immer mehr auf uns zuzukommen scheint. Demokratie stärken, das machen wir heute, indem wir uns hier versammeln. Wir machen es aber auch am Sonntag in der Wahlkabine, mit einem Kreuz auf dem Stimmzettel. Denn mit unserer Stimme haben wir die Möglichkeit, die Demokratie mitzugestalten, mitzubestimmen, daran mitzuarbeiten, dass die Freiheit, die wir erleben dürfen, erhalten bleibt und nicht nur uns selbst, sondern auch anderen zuteil wird. 80 Jahre nach Auschwitz erleben wir einen Rechtsruck in der Gesellschaft, der kaum zu ertragen ist. Scharfe Parolen fliegen einem um die Ohren und getreten wird immer nur nach unten. Und doch gilt, nie wieder ist jetzt.“ Sie hob hervor, dass Demokratie vom aktiven Mitwirken der Menschen abhängt: „Lasst uns darauf schauen, was uns verbindet. Menschenwürde, Nächstenliebe und Zusammenhalt, das gilt für alle. Da gibt es keine Ausnahme. Und auch das und gerade das, das ist Demokratie. Gemeinsam, miteinander.“

Mario Wachsmann hinterfragte in seinem Beitrag die mediale und gesellschaftliche Dominanz rechter Narrative und kritisierte den Populismus der extremistischen Parteien: „Warum können eigentlich seit Jahren in Deutschland, in Europa und auch aktuell im Wahlkampf die Rechten alle Themen vorgeben? Warum geben wir den rechten Themen aus meiner Sicht so viel Raum?“ Er rief dazu auf, sich nicht von rechten Parolen leiten zu lassen: „Wir sind die Mehrheit und wir müssen da jetzt auch durch. Wir müssen Flagge zeigen, wir müssen mit Leuten sprechen, wir müssen unsere Gefühle artikulieren und wir müssen mit Leuten reden und ihnen sagen, was wir als Demokraten möchten.“ Er appellierte an die Teilnehmenden, nicht zu schweigen, sondern aktiv für die Demokratie einzutreten.

Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von Hannah Schulze Bomke und Björn Alberternst. Schulze Bomke teilte eine berührende Anekdote: „Ich habe gerade ein Blümchen bekommen von meiner Tochter. […] Es zeigt ja auch so ein bisschen, dass etwas wachsen kann.“ Das darauffolgende Lied des Duos erzählte von einer besseren Welt, in der Gerechtigkeit, Frieden und Solidarität herrschen. Zum Abschluss erklang gemeinsam das Lied „We shall overcome“. Winfried Schlieper beendete die Veranstaltung mit einem eindringlichen Appell: „Wir stehen hier mit Verstand und Herz. Und genau das wird uns helfen, unsere Demokratie zu verteidigen.“


Nach dem „Friedenszug“ im Vorjahr war die spontan organisierte Aktion der Menschenkette in Wadersloh ein weiteres, starkes Signal für ein friedliches und weltoffenes Miteinander und auch ein klares Bekenntnis zur Demokratie. Mit Kerzen, Lichtern und viel Engagement wurde am Sonntag ein Zeichen gesetzt: Für Toleranz, für Zusammenhalt und gegen jede Form von Hass und Hetze.
Fotos/Text: B. Brüggenthies