Liesborn (mw/bb). Die 2010 gegründete Initiative „musikkultur e.V.“ hat sich vor 14 Jahren zum Ziel gesetzt, die Livemusikszene in Gemeinden und Kleinstädten zu stärken. Mit rund 50 Mitgliedern fördert der Verein nach eigenem Bekunden Künstler und Bands durch Workshops und Weiterbildung. Zudem bietet er Newcomern die Möglichkeit, bei eigenen Events vor einem größeren Publikum aufzutreten. Genau das stand auch bei der diesjährigen Ausgabe des Open-Air-Musikfestivals „Mach ma Akustik“ vor dem Museum Abtei Liesborn im Vordergrund. Dabei überraschte der Verein mit einer bunten Genre-Mischung, um allen musikalischen Geschmäckern gerecht zu werden.
Vor der imposanten Kulisse der alten Benediktinerabtei entfaltete sich eine einzigartige Festivalatmosphäre: Die mächtigen Steinmauern barocken Abtei bildeten einen faszinierenden Kontrast zur lockeren Stimmung auf dem kleinen, aber feinen Festivalgelände in Liesborn. Die Besucherinnen und Besucher hatten es sich auf ausrangierten, gemütlichen Polstermöbeln und bunten Picknickdecken bequem gemacht. Hier und da sah man altmodische Sofas und Sessel, die so wirken, als gehörten sie mit zur Geschichte des Ortes. Auf jeden Fall gehören sie zur „Mach ma Akustik“-Geschichte, denn schon bei der Festivalpremiere 2010 sorgten sie für gemütliches Sitzen beim stundenlangen Musikgenießen.
Die warme September-Abendsonne tauchte das Gelände immer mehr in goldenes Licht, während die Livemusik die Abtei-Luft erfüllte. Überall spürte man eine entspannte, fast magische Stimmung. Das MMA ist in der näheren Umgebung eine kulturelle Ausnahmeerscheinung. Das gilt auch für die Bandauswahl der 2024-Ausgabe.
Als Moderator Steffen Ewald die kleine Festivalbühne betrat, fiel direkt sein Outfit ins Auge: Er ist aktiver Mitsänger der „Liese Shanty Sänger“ aus Diestedde und wird direkt im Anschluss die stimmungsvollen Seemannslieder mit seiner Stimme unterstützen, kündigte er an. Unter Leitung von Elke Brinkmann ist der Shanty-Chor aus der heimischen Chorlandschaft seit Jahren nicht wegzudenken. Lieder aus dem Norden auf dem platten Land in der Westfalenprovinz: Das muss man einfach gehört haben! Vom Heimatgewässer an Schlossgräfte und Mühlenbach war der Weg zur Liese nicht weit. Die Vorfreude auf den Auftritt dafür umso größer. Der Auftritt des mann- und fraustarken Chors war ungewöhnlich, aber genau darum geht es bei Musikkultur: Den sprichwörtlichen (Musik-) Horizont zu erweitern.
Waschechte Newcomer nach den gestandenen Seebären war die noch sehr junge Band CANJAPAN, eine Indie-Rock-Band, die Anfang 2023 in Wadersloh gegründet wurde, überzeugte am Festivalabend mit frischen, eigenen Songs und einer abwechslungsreichen Klangpalette. Sängerin und Gitarristin Emma führte die Band mit klarer Stimme und markanten Riffs an, während Lead-Gitarrist Lars dynamische Soli einstreute. Drummer Max und Bassistin Randi sorgten für das rhythmische Fundament. Trotz ihrer jungen Bandgeschichte wirkte das Zusammenspiel der jungen Musiker bereits erstaunlich eingespielt. CANJAPAN zeigte viel Potenzial und dürfte noch viel frischen Wind in die Indie-Rock-Szene der Region bringen!
TELLIN und MALTE LEPPER brachten mit ihrer Mischung aus Gitarrenakkorden, souligem Gesang und intelligentem Deutschrap eine besondere Klangwelt auf die Bühne. Ihre melancholische Zuversicht und kreative Synergie entfalten sich besonders in den neu interpretierten Akustikversionen und frischen Songs, die das Publikum auf eine emotionale Reise mitnahmen.
Mit THE NUTREES erwartete das Publikum eine energiegeladene Oldie-Coverband, die die Hits der 1960er und 70er Jahre zum Leben erweckte. Ihre mitreißenden Interpretationen von Klassikern wie den Beatles, den Rolling Stones und Johnny Cash sorgen für nostalgische Stimmung und machen ihre Auftritte zu einem weiteren Highlight des Abends.
Den Abschluss bildet das Surfrock-Trio MR. MOTOR, das mit seinem charakteristischen „Surfabilly“-Sound die Menge in Bewegung bringt. „Finest surf n turf since 1979“ versprechen Bernd Gärtner (alias Francis), Christian Lankers (alias Charles) und Heiko Spaniel (alias Herb) im Allgemeinen und sie lieferten ab! Vielleicht liegt es daran, dass 2/3 der Band schon in unterschiedlichen Formationen mal solo, mal als Band die Festivalbühne von „Mach ma Akustik“ unsicher gemacht haben? Die Mischung aus Surfrock, Rockabilly und Surfpunk verlieh dem Festival im Liesedorf einen fulminanten Schlusspunkt. Übrigens: Die Debüt-EP „First Wave“, die bereits auf Spotify zu hören ist, lässt auf noch mehr von diesem dynamischen Surf-Trio hoffen. Vielleicht sollte man für die nächsten Auftritte der LIESESHANTIES und MR. MOTOR einfach noch ein paar Tonnen Sand vor dem Museum ausschütten. Der Liesestrand im Spätsommer war zum Greifen nah! Zumindest musikalisch!
Nicht unerwähnt soll bleiben, dass der Verein musikkultur vom Ehrenamt getragen wird. Die Vielzahl an unentgeltlich erbrachten Arbeitsstunden für einen Abend voller Kultur und Musik haben sich gelohnt. Nur schade, dass es nun fast ein Jahr bis zur nächsten Auflage von „Mach ma Akustik“ dauert.
Bildergalerie: Mach ma Akustik 2024
Fotos/Text: B. Brüggenthies
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