Wadersloh (mw/bb). In Wadersloh fand am Donnerstagabend eine bewegende Gedenkfeier am Rathaus statt, die an die tragische Geschichte der jüdischen Bürgerinnen und Bürger in Wadersloh erinnerte und ein klares Zeichen gegen Antisemitismus setzte. Die Gedenkstunde, zu der die Gemeindeverwaltung und der Heimatverein Wadersloh eingeladen hatten, erinnerte daran, wie die jüdischen Bürger nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten zunehmend ausgegrenzt wurden.
Den Auftakt bildete das Lied „Imagine“ von John Lennon. Das Lied ist berühmt für seine Botschaft des Friedens und der Hoffnung. Lennon komponierte „Imagine“ als Ausdruck seiner Vision einer Welt ohne Grenzen, Religionen oder Besitz, die die Menschen teilen könnten. Seine Intention war es, die Vorstellung einer friedlichen und vereinten Menschheit zu fördern. Diesen Wunsch verfolgten auch die Teilnehmenden der Gedenkstunde am Rathaus.
In seiner Gedenkrede sprach Winfried Schlieper, Vorsitzender des Heimatvereins, über die historische und gegenwärtige Stigmatisierung und Verfolgung von Juden. Er erinnerte daran, wie Juden im Mittelalter gezwungen wurden, spezifische Kennzeichen wie den Spitzhut zu tragen, und wie die Nationalsozialisten diese Praxis mit dem gelben Davidstern wieder aufnahmen. Anna Jelinek zitierte dazu das Gedicht von Inge Auerbach, die als Kind in das KZ Theresienstadt deportiert wurde.
Winfried Schlieper bezog sich auch auf die jüngsten Angriffe von Hamas auf Israel, die er als erschütternd bezeichnete. Zugleich rief er zu einem Ende des Antisemitismus und Judenhasses auf und betonte, dass anhaltende Gewalt keine Lösung für den Konflikt sei. Schlieper erinnerte an die sechs Millionen ermordeten Juden des Holocausts und sprach auch die Leiden der Palästinenser unter der Hamas in dem aktuellen Konflikt an: „Ich bitte Sie stellen Sie sich gegen Antisemitismus und Judenhass, denn die Geschichte hat uns gezeigt, wohin das hinführt“, appellierte Schlieper an die Gemeinschaft.
Bürgermeister Christian Thegelkamp sprach über die anhaltenden Fragen nach dem „Warum“ hinter den Gräueltaten gegen Juden. Er betonte die Wichtigkeit des Erinnerns, um Ausgrenzung und Hass in der Zukunft zu verhindern: „Wir brauchen eine Form des Erinnerns, die in die Zukunft wirkt!“
Vor der Nazidiktatur waren jüdische Familien fest in der Gesellschaft integriert, wie die stellvertretende Bürgermeisterin Maria Eilhard-Adams hervorhob. Sie verwies auf das Buch „Die vergessenen Nachbarn“ von Hans-Josef Kellner, dass die tragischen Ereignisse des 9. November 1938 in Wadersloh dokumentiert. Eilhard-Adams betonte die Brutalität der Pogromnacht, als die Juden gewaltsam vertrieben wurden, während die Mehrheit der Bevölkerung tatenlos zusah. Sie selbst reiste gemeinsam mit Günter Wachsmann kürzlich nach Riga und kehrte mit bewegenden Eindrücken zurück. Über diese Gedenkreise berichteten beide kürzlich im Rahmen der Ratssitzung. „Besonders heute müssen wir ‚Nie wieder‘ sagen, um auch in Zukunft nachbarschaftlich und friedlich zusammenzuleben“, so Eilhard-Adams.
In stillem Gedenken wurden zum Abschluss der Veranstaltung, die von Schülerinnen und Schüler der Q1 des Gymnasiums Johanneum musikalisch und durch das Vortragen von Gedichten und Tagebucheinträgen begleitet wurde, Kerzen vor dem Gedenkstein am Rathaus entzündet: „Die Lichter stehen stellvertretend für alle Opfer. Das Licht möge in unsere Herzen scheinen und uns stärken im Leben mutig zu sein, richtig zu handeln und humanistische Werte zu vertreten“, schloss Winfried Schlieper die Gedenkstunde.
Bildergalerie: Gegen das Vergessen der November-Pogrome 1938
Fotos/Text: B. Brüggenthies