Liesborn (mw/bb). Ein bisschen Lampenfieber gehörte für Sunil Mann dazu, aber selbst diesen kleinen Funken Nervösitat merkte man dem Schweizer nicht im Geringsten an. Der Autor, der einst als Flugbegleiter arbeitete und heute mit dem Verfassen von Geschichten die Menschen begeistert, wirkte entspannt und voller Neugierde auf die Reaktion der Wadersloher auf seine Krimi-Kurzgeschichte.
„Es ist natürlich ein Problem, eine Geschichte über einen Ort zu schreiben, den man gar nicht kennt“, sagte Sunil Mann, „Da gibt es schon ganz viele Fallstricke und Fettnäpfchen.“ Die Herausforderung nahm Sunil Mann trotzdem gerne an. Im Frühjahr besuchte er ausgewählte Orte in der Großgemeinde, ließ sich von den heimischen Jägern die Arbeit erklären, durfte bei Nordhaus natürlich auch ein Wildgericht probieren und ließ sich von Paul Nordhaus mit faszinierende Großwildjagdgeschichten mitreißen. So lag es eigentlich auf der Hand, dass seine Kurzgeschichte rund um den Gasthof Nordhaus spielt, aber die Protagonisten auch mal bei „Miss Elly“ einen Café trinken und die Liebschaft aus Lippstadt zum Café-Date anreißt. „Man hat mir vor allem den Landgasthaus mit den Ländereien drumherum gezeigt. Und ich denke, man schreibt am besten darüber, über das, was man selbst gesehen hat“, sagte der Autor im Interview mit Mein-Wadersloh.de.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht dabei der Protagonist Magnus, der sich in einer ausweglosen Situation gefesselt und geknebelt auf einem Hochsitz wiederfindet. Es schließt sich ein hochbrisanter Kriminalfall an, auf den wir an dieser Stelle aus Spoiler-Gründen [Anm. d. Red.: Spoiler=Spielverderber] natürlich nicht näher eingehen. Soviel sei verraten: Es wurde wieder blutig an der Lippe. Nie wurde Wadersloh lebendiger und mit mehr Adjektiven ausgeschmückt beschrieben als in „Der Watschenmann“ (Anm. d. Red: Der Titel ist bezeichnet für den Spitznamen des Hauptprotagonisten. Allgemein steht der Begriff für die Figuren von Schießbuden auf Jahrmärkten).
Bei seinem Arbeitsprozess ließ Sunil Mann sich ein wenig Zeit. Er wollte den Ausflug in die westfälische Provinz wirken lassen und seine Eindrücke verarbeiten. Beim Blick in das Telefonbuch von Wadersloh stieß er schnell auf den Namen „Magnus“ – für die Schweiz ein eher ungewöhlicher Name. Diesen Namen gab er dem Hauptdarsteller seines Werkes. Magnus wird im Verlaufe der Geschichte einige brisante Wendungen durchleben. Tatort: Münsterland? Die Gespräche mit dem heimischen Hegering gaben dem Autor wertvolle geographische Hintergrundinformationen. Und darum lag es eigentlich auch auf der Hand, dass die Jagdhornbläser des Hegerings den Krimi-Abend mit den passenden Jagdhornklängen bereicherten und den Gästen neben dem Gaumenschmauß aus der Nordhaus’chen Küche ein einstimmendes Ständchen zum Dessert servierten.
„Es ist beschaulich und schön hier. Vor allem blieb mir bei dem ersten Besuch in Wadersloh aber auch das leckere Wildessen in Erinnerung“, lachte Sunil Mann. „Der ultimative Test ist, wenn man es live vorträgt. Deswegen war die Vorfreude auf heute Abend groß bei mir“, sagte der Autor, bevor er sich in Richtung Lesepult bewegte, um die Geschichte dem gespannten Publikum vorzutragen. Für den Gasthof Nordhaus-Lemkerberg war dieser Abend ein Abschluss der besonderen Art. Im August verkündete die Familie, dass das Traditionslandgasthof schließen werden. Für die „Blutige Lippe“ wurde eine Ausnahme gemacht und noch einmal in großer Runde gemeinsam diniert, die Landkultur gepflegt und die Geselligkeit genoßen. Vor Ort erfuhr Sunil Mann auch von der Schließung. In der Erinnerung der Gäste und auch in der Kurzgeschichte lebt der Landgasthof weiter.
Bildergalerie: Krimifestival Blutige Lippe #3 bei Nordhaus
Fotos/Text: B. Brüggenthies
Mein-Wadersloh.de war ein einziger Medienvertreter vor Ort.
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