Wadersloh (mw/bb). Am Mittwoch (24. April) stand im Rahmen einer kombinierten Ausschusssitzung von Hauptausschuss und SKA (Ausschuss für Schule, Kultur und Sport) auch ein umfassender Tagesordnungspunkt zu den aktuellen Neuerungen des Denkmalschutzgesetzes NRW statt. Dazu referierte Dr. Jörg Niggemeyer (BRANDI Rechtsanwälte Partnerschaft mbB Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Paderborn).
Hintergrund der Einladung des Fachanwalts ist die aktuelle Diskussion um die Unterschutzstellung der „historischen“ Hofanlage in Liesborn, die bereits große Aufmerksamkeit erregt hat. Mit den zusätzlichen Infos sollte der Prozess und die rechtlichen Rahmenbedingungen der Denkmalpflege den politischen und administrativen Vertretern der Gemeindeverwaltung vorgestellt werden.
Hintergrund: Die Änderungen im Denkmalschutzgesetz NRW
Das Denkmalschutzrecht in NRW, das seit 1980 besteht und in der Landesverfassung verankert ist, hat mehrere Änderungen erfahren. Diese beinhalten die klare Definition des Denkmalbegriffs, das Eintragungsprinzip und die Möglichkeit, dass Objekte auch ohne Eintragung als Denkmäler gelten können, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Die jüngste Überarbeitung seit dem Jahr 2020 führte zu Änderungen beim Eintragungsprinzip und ermöglicht nun teilweise den Denkmalschutz „kraft Gesetz“ mit entsprechenden Schutzpflichten.
Seit der Novellierung des Gesetzes vor anderthalb Jahren haben die Gemeinden mehr Mitspracherechte erhalten, eine Entwicklung, die lokale Politiker seit Langem fordern. Die Verfahrensrechte des Landschaftsverbandes (LWL) wurden hingegen abgeschwächt. Als Denkmalfachamt unterstützt und berät er auf allen Ebenen, z.B. durch Erstellung von Gutachten, kann aber nicht mehr Entscheidungen innerhalb von 4 Wochen über eine Prüfung durch das Ministerium herbeiführen.
Die Überarbeitung des Denkmalschutzrechts und die darin enthaltenen Prozessänderungen passen die Verantwortlichkeiten im Bereich des Denkmalschutzes an, um eine effektivere und lokal angepasste Denkmalpflege zu ermöglichen. Gemäß §24 des DSchG NRW müssen Entscheidungen der unteren und oberen Denkmalbehörden in Abstimmung mit dem zuständigen Landschaftsverband getroffen werden – für Wadersloh (=untere Denkmalbehörde) ist dies der Kreis Warendorf. Zudem eröffnet das Gesetz durch die Aufnahme des Bereichs „Kunst- und Kulturgeschichte“ neue Möglichkeiten für den Schutz originalgetreuer Nachbauten, die bisher vom Landschaftsverband (LWL) nicht als denkmalwürdig betrachtet wurden.
Kommunalpolitik bleibt gespalten bei Entscheidungsfindung
Die politische Diskussion über das Denkmalschutzgesetz in Wadersloh zeigte eine Vielzahl von Ansichten und Bedenken unter den lokalen Politikern. Hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:
Alexandra Essel (FWG) äußerte Bedenken hinsichtlich der Definitionskriterien eines Denkmals. Ihr fehlt eine klare Erläuterung, wann genau ein Objekt als Denkmal gilt und welche Kriterien dafür ausschlaggebend sind.
Konrad Schlieper (SPD) kritisierte, dass §24 Absatz 6 des Denkmalschutzgesetzes ein hohes Maß an Wissen und Kompetenz von den Beteiligten voraussetzt, was nicht immer gegeben sein könnte. Er hinterfragte zu dem, ob nicht genehmigte Bauten erst durch Eintragung in die Denkmalliste Bestandsschutz erhalten, woraufhin der Anwalt bestätigte, dass eine Beseitigung nur mit Zustimmung der unteren Denkmalbehörde möglich ist.
Rudi Luster-Haggeney (CDU) hinterfragte die Bewertung beim Vorliegen mehrerer Gutachten.
Jürgen Rühl (CDU) fragte, ob das öffentliche Interesse seit der Gesetzesänderung 2022 mehr im Vordergrund steht. Niggemeyer wies darauf hin, dass hier keine wesentlichen Änderungen erfolgt sind, außer der Hinzufügung von Kunst- und Kulturgeschichte als schützenswerte Kategorien.
Klaus Grothues (CDU) brachte die mögliche Frustration zum Ausdruck, die entstehen könnte, wenn die obere Denkmalbehörde die Entscheidung einer unteren Behörde revidiert, und wie dies den Entscheidungsprozess komplizierter gestalte.
Daniela Braune (CDU) fragte nach möglichen Gefahren, wie einem Nachahmungseffekt. Der Fachanwalt erläuterte, dass ein Abriss von denkmalgeschützten Gebäuden nicht möglich ist, sobald sie unter Schutz gestellt wurden.
Die Diskussion verdeutlicht, dass trotz der Neuerungen im Denkmalschutzgesetz viele Fragen offen bleiben und die lokalen Entscheidungsträger weiterhin nach Klarheit in der Anwendung des Gesetzes suchen. Da bisher keine Gerichtsentscheidungen zu vergleichbaren Fällen wie nun in Liesborn vorliegen, könnte es Raum für Argumentation geben. Insofern ist nicht nur das Gebäudeensemble nach historischem Vorbild einzigartig, sondern wohl auch die Suche nach einer Lösung für das Denkmalschutz-Dilemma. Es wird erwartet, dass der vermutlich endgültige Beschluss nach weiteren Beratungen mit dem LWL am 18. September im Hauptausschuss gefasst wird.
Symbolfoto (Archiv), Text: mw/bb.