Kreis Warendorf (mw/bb). Ende des vergangenen Jahres hat die CDU/CSU einen 72-Fragen-Katalog an das Bundesverkehrsministerium geschickt. Eine der Fragen betraf die Anzahl der Bahnstreckenreaktivierungen im Bundeseigentum. Die Antwort schmeckte der CDU/CSU ganz und gar nicht: Gerade einmal eine einzige Strecke mit einer Länge von 1 Kilometer wurde in Brandenburg reaktiviert. Für den heimischen CDU-Bundestagsabgeordneten (und zugleich Mitglied im Verkehrsausschuss des Bundestages) Henning Rehbaum (Albersloh) ein Unding. Er attestierte der Bundesregierung in einem in der vergangenen Woche veröffentlichten Statement eine „peinliche Bilanz“ und schloss dabei auch die Verzögerungen der WLE-Bahnstrecken-Reaktivierung vor seiner eigenen Haustür mit ein. „Die Ampelregierung soll nicht über Klimaschutz reden, sondenr die Bremsen für die Schienenreaktivierung lösen“, forderte der CDU-Politker in einem Zeitungsbericht der „Westfälischen Nachrichten“ vom 11. Januar 2024.
Die SPD im Kreis Warendorf zeigt sich über die Aussagen des CDU-Bundestagsabgeordneten verwundert, denn Rehbaum habe nach Meinung der Kreis-SPD bei der Verkehrswende bisher selbst auf Bremse gestanden und kritisiert ihrerseits die Polemik des CDU-Polikers. Am 16. Januar veröffentlichte die SPD im Kreis WAF ein umfangreiches Presse-Statement und überschrieb dieses mit dem Titel: „Reaktivierung von Bahnstrecken – SPD zeigt sich verwundert über das Verhalten des CDU-Bundestagsabgeordneten Henning Rehbaum – CDU/CSU standen bei der Verkehrswende immer auf der Bremse“.
SPD-Vorwurf: Rehbaum leiste keinen konstruktiven Beitrag zur Sache
Die SPD kritisiert vor allem, dass Henning Rehbaum noch in seiner Zeit als Landtagsabgeordneter die Verantwortung zur Förderung der WLE-Reaktivierung bei der damaligen CDU-Landesregierung gesehen hat, während aktuell bei Projektverzögerungen, nun die Bundesregierung Schuld sei. Kocker wirft Rehbaum vor, außer polemischen Kommentaren keine aktive Förderung oder konstruktive Beiträge zur Sache zu leisten.
„Der Bund hat seine Hausaufgaben gemacht. Jetzt liegt es an den ausführenden Projektpartnern, die Umsetzung mit dem notwendigen Druck auch auszuführen.“
Dennis Kocker, Kreis-Vorsitzender der SPD im Kreis WAF
Dennis Kocker äußerte ebenfalls seinen Unmut über die Verzögerungen bei den Reaktivierungen von Bahnstrecken und erinnerte daran, dass es die SPD im Kreis Warendorf war, die maßgeblich zur Initiierung und Realisierung des Projekts beigetragen habe. Die frühere kritische Haltung des damaligen CDU-Landrats Dr. Wolfgang Kirsch zum Projekt wird ebenfalls thematisiert.
Der Vorsitzende der Kreis-SPD zeigt sich auch überrascht über Rehbaums Vorwurf, die Bundesregierung würde zu lange für weitere Bahnreaktivierungen benötigen. Er erinnert daran, dass die CDU/CSU in den letzten 10 Jahren den Verkehrsminister stellte und kritisiert speziell Andreas Scheuer (CSU) für seine Rolle in der Verzögerung verschiedener Bahnprojekte.
In Richtung Rehbaum äußerte Kocker den Wunsch, dass er anstatt Kritik zu üben, konkrete Verbesserungsvorschläge machen solle. Detlef Ommen, SPD Kreistagsmitglied, unterstützt diese Ansicht und betont, dass alle Partner intensiv an der Realisierung arbeiten. „Vielleicht hätte Herr Rehbaum, seinen CSU-Kollegen mal rechtzeitig daran erinnern können, dass er sich mehr um die Bahn als um die Maut hätte kümmern sollen. Dann hätte der Bund mehrere 100 Millionen an Schadensersatzleistungen gespart und die Reaktivierung von Bahnstrecken schneller gemacht“, so Dennis Kocker abschließend.
Die SPD im Kreis Warendorf wünsche sich eine schnelle Reaktivierung möglichst vieler ehemaliger Bahnstrecken, insbesondere die Fortführung der WLE-Reaktivierung von Sendenhorst über Neubeckum bis nach Lippstadt und Warstein, machte die Kreis-SPD nochmals deutlich. Die Pressemitteilung im Wortlaut (externer Link).
Henning Rehbaum sieht Regierungskritik als berechtigt an und fordert die SPD auf, sachlich zu bleiben
Auf Anfrage von MW nahm Henning Rehbaum am Dienstagnachmittag Stellung zu den Vorwürfen der SPD im Kreis Warendorf. Aus dem Statement geht hervor, dass Rehbaum sich seit vielen Jahren für die Westfälische Landes-Eisenbahn (WLE) engagiere. Während seiner Tätigkeit im Landtag habe er sich erfolgreich für die Reaktivierung der WLE-Strecke eingesetzt und in der Koalition von CDU und FDP ein Programm zur Förderung der Infrastruktur für Güterbahnen initiiert, von dem die WLE profitiert habe.
Henning Rehbaum äußert sich verwundert darüber, dass SPD-Mitglieder aus dem Kreis ihn möglicherweise absichtlich missverstanden haben. Er betont, dass er in seiner ursprünglichen Aussage die Verfahren als Grund für die Verzögerungen bei der Reaktivierung der WLE-Strecken kritisiert hat. Er weist darauf hin, dass es Aufgabe der Bundesregierung ist, diese Reaktivierungsverfahren zu beschleunigen.
Rehbaum betont erneut, dass seit 2021 bundesweit nur ein Kilometer Strecke der Deutschen Bahn (DB) reaktiviert wurde. Er sieht seine Kritik an der Ampelregierung, unter der diese geringe Reaktivierung stattgefunden hat, als berechtigt an und fordert die SPD auf, zur Sachlichkeit zurückzukehren.
Das Statement von Henning Rehbaum im Wortlaut
„Seit vielen Jahren setze ich mich mit Leib und Seele für die WLE ein, habe im Landtag erfolgreich für die Reaktivierung gearbeitet und in der CDU/FDP-Koalition ein Infrastrukturförderprogramm für Güterbahnen initiiert, von dem die WLE viele hunderttausend Euro bekommen konnte. Ich frage mich nun, ob mich die SPD-Genossen aus dem Kreis bewusst missverstehen wollten. Denn in meinem ursprünglichen Statement habe ich die Verfahren als Grund für langsame Vorankommen bei der WLE-Streckenreaktivierung kritisiert. Diese Reaktivierungsverfahren grundsätzlich zu beschleunigen, ist Aufgabe der Bundesregierung. Und es ist nun mal Fakt, dass seit 2021 bundesweit nur ein Kilometer DB-Strecke reaktiviert wurde. Ich bin der Meinung, dass dies eine legitime Kritik an der Ampelregierung ist und lade die SPD ein, zur Sachlichkeit zurückzukehren.“
Kommentar: Miteinander zu reden wäre vielleicht auch eine Idee
Der politische Schlagabtausch zwischen MdB Henning Rehbaum (CDU) und der SPD im Kreis Warendorf (namentlich Dennis Kocker und Detlef Ommen) um die Reaktivierung der Bahnstrecken, insbesondere der Westfälischen Landes-Eisenbahn (WLE), ist ein klares Zeichen dafür, dass der Wahlkampf am Horizont bereits in vollem Gange ist.
Der Vorwurf von Henning Rehbaum (CDU) gegenüber der Bundesregierung, dass sie zu wenig für die Reaktivierung der Bahnstrecken tue, ist angesichts der geringen Fortschritte zum Teil nachvollziehbar. Allerdings muss sicher auch berücksichtigt werden, dass solche Projekte oft komplex sind und ihre Umsetzung Zeit benötigt. Erst vor wenigen Monaten hatten die Projektverantwortlichen die Machbarkeitsstudie in Wadersloh unter Ausschluss der Presse vorgestellt.
Auf der anderen Seite steht die Kritik der SPD, die Rehbaums Aussagen als polemisch betrachtet und ihm vorwirft, in seiner Zeit als Landtagsabgeordneter keine konstruktiven Beiträge zur Sache geleistet zu haben. Die gegenseitigen Vorwürfe werden eher nicht dazu beitragen, den Umsetzungsprozess der Bahnstecken-Reaktivierung zu beschleunigen. Anstatt sich in gegenseitigen Vorwürfen zu verlieren, sollten sich beide Seiten auf konstruktive Lösungen konzentrieren. Schließlich geht es um Klimaschutz und die Verkehrswende. Das gemeinsame Ziel aller Beteiligten sollte sein, den Bürgerinnen und Bürgern im Kreis Warendorf eine nachhaltige und effiziente Verkehrslösung zu bieten. Und das geht vermutlich besser, wenn man MITEINANDER redet.
Quellen: Zeitungsartikel WN, Ausgabe vom 11.01.24, Presse-Statement der Kreis-SPD vom 16.01.24, schriftliches Statement von H. Rehbaum von 16.01.24 // Text, Kommentar, Archivfoto: B. Brüggenthies