Wadersloh (mw/bb). Wenn in Wadersloh die grün-weißen Wimpelketten über den Straßen flattern und das Schützenfestzelt am Rathaus aufgebaut wird, steigt die Vorfreude. Besonders die Jubilarkompanie des Schützenvereins St. Margarethen ist ein fester Bestandteil dieser Tradition – und 2025 sogar mit einer Premiere: Erstmals sind auch Frauen eingeladen, Teil dieser besonderen Gemeinschaft zu sein.
Die drei „Pe-Ka-s“ und der Wunsch nach einem Wiedersehen
Ein Blick zurück in die Anfangszeit: 1955 war ein besonderes Jahr für Wadersloh. Drei Wadersloher hatten eine Idee, die das Schützenwesen in ihrem Heimatdorf bis heute beeinflussen und zu einer Konstante des Schützenfestes in Wadersloh werden sollte, die bis heute eine besondere Faszination ausübt: Die Jubilarkompanie. Seit 70 Jahren ist sie fester Bestandteil der Tradition. Auslöser war der Wunsch des Trios Peter Kleickmann, Paul Koke und Paul Kleickmann (bezeichnet als die drei „Pe-Ka-s“), die alten Schulkameraden wiedersehen zu wollen und ungezwungen zu feiern. In den Wirren des Nachkriegsdeutschlands wollte man sich gemeinsam an die Jugendjahre und erinnern, aber auch derer gedenken, die im Kriege bleiben. Aus der Idee wurde ein einzigartiges Treffen, das fortan jedes Jahr stattfinden sollte und heute ein gemeinsames Projekt und Zusammenarbeit von Schützenverein, Heimatverein und der Gemeinde Wadersloh ist.
Zur Zeit der Gründung der Jubilarkompanie war der Heimatverein noch Teil des Schützenvereins – das wäre doch eine gute Frage für das Wadersloh-Quiz? Hätten Sie es gewusst? Die 50 spielt eine große Rolle im Leben eines Menschen – das erkannte schon der damalige Heimatvereinsvorsitzende Hans-Josef Keller in seinem Grußwort zum 50-jährigigen Bestehen der Jubilarkompanie im Jahr 2005. Die „50“ aber war dem Zufall geschuldet, denn die drei Initiatoren waren eben genau in diesem Alter, als die Jubilarkompanie erstmalig Teil des Schützenfestes in Wadersloh war. Fortan galten die nachfolgenden Kriterien: Alle männlichen Bürger, die in Wadersloh aufgewachsen sind, aktuell dort leben oder Mitglied im Schützenverein sind und im laufenden Jahr ihren 50. Geburtstag feiern, werden als Ehrengäste zum Schützenfest eingeladen. Gemeinsam bilden sie dann die Jubilarkompanie.
Besuch des Jüdischen Friedhofs ist seit 2019 fester Programmpunkt
Die Heimatvereine sollten nach den Weltkriegen wieder mehr Kultur auf das Land bringen und neue Perspektiven aufzeigen. Die Jubilarkompanie kam da wie gerufen, denn sie stärkte das Miteinander. Schon in den Anfangsjahren wurden vor den Umzügen an den Schützenfestabenden die umliegenden Bauernhöfe zur Erkundung angefahren. Seit 1997 gibt es einen stimmungsvollen Auftakt im Ratssaal mit Vorstellung und Kaffeetrinken. In den Gaststätten steht ein kleiner Imbiss auf dem Plan. Seit 2019 ist ein Besuch des jüdischen Friedhofs fester Programmpunkt, um derer zu gedenken, die an den Folgen des Krieges gelitten haben. Ein Programmpunkt, für den Heimatverein und Schützenverein viel Zuspruch erhalten. Das Reflektieren und das Erfahren von Geschichte (besonders auch der einstigen jüdischen Nachbarn) nehmen seitdem einen noch höheren Stellenwert ein.
Viel Programm an den Schützenfesttagen und noch mehr Besonderheiten
Der Ablauf ist ein „Rundum-Sorglos-Paket“: Treffen Rathaus mit Kaffeetrinken mit Vorstellung, Grußworte vom Oberst und Schützenkönigspaar. Eine feste Tradition: Das Tragen von Ehrennadeln mit goldenen Schleifen, die über Jahrzehnte von der kürzlich verstorbenen Elli Lamkemeier handgefertigt wurden. Danach: Ein gemeinsames Erinnerungs-Foto und die Rundfahrt durch das Dorf mit Überraschungsbesichtigung. Ein herzhafter Imbiss mit Liedersingen bei Gaststätte Berlinghoff inkl. Mini-Wadersloh-Quiz mit Offizier Mario Wachsmann gehört ebenfalls dazu. Abends dann die Teilnahme am Großen Zapfenstreich. Sonntags die Teilnahme am großen Umzug. Bei der Ansprache am Ehrenmal wird einer der Kränze von der Jubilarkompanie niedergelegt. Eine schöne Geste im Zeichen der Erinnerungskultur.
Es gibt aber noch viele weitere Besonderheiten: So hat die Jubilarkompanie ein eigenes Liederbuch, in dem Karnevalslieder schützenfestgerecht umgetextet werden. Das ist vor allem Heinz Lynen, Kaspar Mense und Ferdi Altebäumer zu verdanken, die hingebungsvoll texteten, damit auch der musikalische Part nicht zu kurz kommt. Sogar ein Jubilarkompanie-Lied ist bei den vielen Ideen entstanden und fester Bestandteil des Festwochenendes. Von 1980 bis 2005 war Heinz Lynen Offizier bei der Jubilarkompanie und spricht in höchsten Tönen von der einzigartigen Stimmung bei den Zusammenkünften. „Früher trugen alle silberne Krawatten, heute ist es viel bunter. Es hat sich viel geändert, aber die Essenz ist geblieben: Der gemeinsame Austausch steht im Mittelpunkt.“
Tradition und Moderne sind kein Widerspruch
Das im Jubeljahr die Damen Teil der Jubilarkompanie sind, ist Maria Eilhard-Adams zu verdanken, die schon vor geraumer Zeit anregte, dass man doch ein „weibliches Pendant“ zur Jubilarkompanie schaffen solle, erinnerte sich Jessica Jemella, 2. Vorsitzende des Heimatvereins Wadersloh. Ein Vorschlag, der offen aufgenommen wurde. Und so sind unter der bisher eingegangenen 49 Anmeldungen für 2025 gleich 17 Damen, die die „50“ im Rahmen des Schützenfestes feiern werden. Jessica Jemella lief als Teil der Delegation des Heimatvereins vor 2 Jahren das erste Mal mit und berichtet begeistert von den Eindrücken: „Dass die Damen 2025 mit dabei sind, sei ein schönes Zeichen. Man freut sich auf viele schöne Begegnungen.“ Auch Winfried Schlieper (Vorsitzender Heimatverein Wadersloh) ist sich sicher: „Das wird ein kulturelles Highlight!“

Man wird nur einmal im Leben 50. Die Mitte des Lebens: Viel Vorfreude, aber auch die einmalige Mischung, das größte Volksfest in Wadersloh als Teil der Jubilarkompanie mitzuerleben, alte Schulfreunde wiederzusehen. Eine Chance auch für zugezogene Wadersloher, neue Kontakte zu knüpfen. So wie es sich die drei „Pe-Ka-s“ 1955 erhofft hatten. Ihre Idee von 1955 ist zeitlos gut und spricht Bände (das Jubiläumsbuch der Jubilarkompanie von 2005 umfasst fast 200 Seiten!): Die Teilnehmenden sind Jahr für Jahr begeistert und erfüllt von der Teilnahme. Selbst aus Übersee kommt Antwortpost.
Das anstehende Jubiläum der Jubilarkompanie im Juni zeigt: Tradition und Moderne müssen kein Widerspruch sein. Die Idee der „Pe-Ka-s“ lebt seit 70 Jahren weiter und verbindet Generationen in Wadersloh.
Fotos/Text: B. Brüggenthies