Wadersloh/Liesborn (mw/bb). In der Diskussion um die Flächen-Photovoltaikanlagen im Liesborner Außenbereich herrscht weiter Eiszeit in der Lokalpolitik. Nach einem großen medialen Echo in der Vorwoche wurde die politische Beratung beim Thema Sonnenenergie zwischen Mehrheits-Fraktion CDU und der Opposition im Bauausschuss dabei erneut hitzig. Die CDU fühlte sich veranlasst, ein weiteres Statement abzugeben. FWG, FDP und SPD kritisierten hingegen die weitere Projektverzögerung.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Rudolf Luster-Haggeney bedankte sich bei den inzwischen drei antragstellenden Landwirten für ihr Engagement und deren Erarbeitung schlüssiger Konzepte, denen man auch seitens der CDU „zum Erfolg verhelfen wolle“. Dabei zeigte sich die CDU begeistert darüber, dass die Investitionen gemeinsam mit der Bürgerschaft und der Gemeinde umgesetzt werden sollen. Das Thema sei aber auch sehr komplex und daher sei ein Projekttag zur sachkundigen Auseinandersetzung unabdingbar, so Luster-Haggeney in seinem Statement. Offene Fragen betreffen dabei die infrage kommenden Flächen für PV-Anlagen im Außenbereich allgemein, Rechtssicherheit, die Veränderung des Landschaftsbilds, mögliche Verluste bei der Nahrungsmittelerzeugung in der Landwirtschaft und verfügbare Leitungskapazitäten. Die CDU monierte zudem in Richtung Opposition, dass „Schnellschüsse ohne ausreichende Sachkenntnis und Beratung […] absolut nicht zielführend [seien]“ und verteidigte die Durchführung eines Projektstags (Anm. d. Red.: voraussichtlich Anfang 2023). Luster-Haggeney kritisierte zudem, dass „vorschnelle Presseinformationen“ nicht weiterhelfen und bat um Sachlichkeit bei der Sache. Im Vorfeld hatten FWG und die Jugendorganisationen Jusos (SPD) und JuLis (FDP) die CDU in einer Pressemitteilung dafür kritisiert, das Projekt zu verzögern. Die CDU regierte darauf mit einem Statement und unterstellte der Opposition darin u.a. Populismus (s. Beitrag).
Heino Teckentrup (FWG) stellte fest, dass die CDU bei dieser Sitzung besser vorbereitet war und stellte noch einmal deutlich heraus, dass man die Bestrebung der Landwirte unterstützen werde. Gleichzeitig verbat er sich die Unterstellung der CDU in Richtung der Nachwuchspolitiker in der FWG und wiederholte die Aussage erneut: „Warum werden wichtige zukunftsweisende Projekte, wie die beiden geplanten großen Photovoltaikanlagen auf die lange Bank geschoben?“. FWG, SPD und FDP brachten gemeinsam zum Ausdruck, dass die beiden Anlagen in Liesborn in der Gemeinde gewollt und sie im Rahmen der Energiewende für zukunftsorientiert und sinnvoll erachtet werden.
Oliver Weinekötter (FDP) sah die Projekte als zukunftsweisende Antragstellung im Rahmen der Energiewende an, bei der eine Notwendigkeit einer Regelung bestünde, die Gemeinde aber hier nicht zum Bremsklotz werden dürfe. Die Investoren würden viel Zeit verlieren. Auch Rudolf Winkelhorst (FWG) sah es als wichtig an, dass es ein Signal aus der Politik geben sollte. Jan Smyczek (SPD) betonte, dass das Vorgehen der CDU, einzelne Personen persönlich anzugreifen, „absolut unangebracht“ sei. Dr. Ulrike Keitlinghaus (CDU) verglich die Situation mit der Vorgarten-Satzung (Anm. d. Red.: Dieser Antrag wurde zur weiteren Beratung in die Faktionen verwiesen) und stellte die Frage, warum man mit zweierlei Maß messe. Sie zeigte sich enttäuscht über den Vorwurf der Opposition, sich undemokratisch zu verhalten. Zudem bat sie darum, die politische Diskussion nicht in der Öffentlichkeit auszutragen [Anm. d. Red.: Genau diese Aufgabe hat die Presse!]. Dr. Günter Thomas (SPD) wies auf den Zeitdruck hin, es brauche ein positives Signal an die Investoren, da die Zeitfenster für den Leitungszugang sonst geschlossen werden. Zumindest in dieser Sache gab Norbert Morfeld, Geschäftsführer von Wadersloh Energie, vorsichtige Entwarnung: In Rücksprache mit Westnetz könnten die Zugänge verlängert werden, sofern es positive Signale zur Projektumsetzung gäbe.
Der gemeinsame Antrag der FWG, SPD und FDP, die Beschlussvorlage abzuändern und die Verwaltung zu beauftragen, das Verfahren zur Aufstellung eines Vorhabenbezogenen Bebauungsplanes für beide Photovoltaikanlagen zeitnah einzuleiten, fand aufgrund der CDU-Mehrheit keine Zustimmung. Eine Entscheidung wird somit voraussichtlich erst im kommenden Jahr getroffen. In der Beratungsfolge steht das Thema auch noch im kommenden Hauptausschuss und im Rat im Dezember auf der Tagesordnung.
Kommentar: Es ist weiter Besonnenheit gefragt beim Thema Photovoltaik
Mehrheits-Fraktion und Opposition sind sich zumindest in einem einig: Die Energiewende ist für Wadersloh von großer Bedeutung und die nachhaltige Stromerzeugung wird künftig immer wichtiger! Mit dem Projekt Flächen-Photovoltaik im Außenbereich betritt man in der Gemeinde Wadersloh Neuland, denn bisher gibt es diese Art der Stromerzeugung noch nicht. Dass dabei demokratisch diskutiert wird und auch hinterfragt werden darf, ob man ausreichend auf so ein innovatives Projekt vorbereitet ist, ist legitim. Die Art und Weise, in welcher Form diskutiert wird, ist in diesem Fall allerdings ebenfalls Neuland. Letztendlich haben die Landwirte aus Liesborn nun immerhin die Gewissheit, dass die Lokalpolitik ihren Einsatz grundsätzlich würdigt. Jetzt ist alles eine Frage der Zeit. Das Warten auf einen Projekttag, der möglicherweise weitere Erkenntnisse bringt, könnte dabei aber auch zum Problem werden: Denn für die Investoren bedeutet das möglicherweise weitere Monate der Unsicherheit, ob sie ihr Vorhaben umsetzen dürfen. Es ist weiterhin Besonnenheit gefragt in Sachen Photovoltaik im Außenbereich.
Text/Kommentar: B. Brüggenthies, Symbolbild von Cornell Frühauf auf Pixabay