Wadersloh (mw/bb). Wenn vier handwerklich begabte Menschen wie Winnie Schlieper, Theo Schulze Bonsel, Karl Mußenbrock und Willi Kleine-Hollenhorst gemeinsam ein Projekt umsetzen, dann kann es nur gut werden. Für jedes Problem hatten die Herren das passende Werkzeug dabei und nutzten den Freitagnachmittag, um rund 1,5 km nördlich von Wadersloh an der Kirckstiege das neue Tor zum jüdischen Friedhof zu errichten.
Der Friedhof ist eines der letzten Spuren, die es von der jüdischen Gemeinde in Wadersloh gibt. Der jüdische Friedhof in Wadersloh hat eine besondere historische Bedeutung für den Ort. Mit der Aufarbeitung der Dorfhistorie und dem Schwerpunkt auf Erinnerungskultur setzt sich der Heimatverein Wadersloh seit Jahrzehnten mit dem Gedenken an die einstige jüdische Gemeinde auseinander. Mit der Erneuerung des Friedhofstores am Julius-Silberberg-Weg (benannt nach dem jüngsten Opfer des Holocausts aus Wadersloh) zeigt der Verein einmal mehr seine Anteilnahme an das Schicksal der Nachbarn jüdischen Glaubens.
Hans-Josef Kellner (gest. 2017) hatte in seinem Werk „Die vergessenen Nachbarn – wer kennt sie noch?! – Die Geschichte der jüdischen Familien in Wadersloh seit 1816“ vor 10 Jahren intensiv das Leben jüdischer Familien nachgezeichnet. Ein Kapitel befasst sich auch mit dem Friedhof, dessen Anfänge auf das Jahr 1831 zurückgehen. „Grabsteine aus der Anfangszeit sind heute nicht mehr erhalten. Dass der jüdische Friedhof während der NS-Zeit nicht zerstört oder geschändet worden ist, grenzt an ein Wunder“, sagt Winnie Schlieper.
Nach intensiver Beratung (u.a. mit dem Landesverband der jüdischen Gemeinden von Westfalen – Lippe, der Bezirksregierung Münster, dem Westfälischen Amt für Denkmalpflege, dem Denkmalschutz bei der Gemeinde Wadersloh) hatte sich der Heimatverein für die Aufwertung des Eingangsbereichs der historischen Ruhestätte stark gemacht, um die ältesten Spuren jüdischer Geschichte in Wadersloh zu erhalten und den Menschen – auch wörtlich- einen Zugang zur jüdischen Religion und ihrer Symbolik zu geben. 26 Grabsteine befinden sich auf dem Gelände. Da die Verwitterung den Gedenkplatten immer mehr zusetzt, hat das Amt für Denkmalpflege die Inschriften umfassend dokumentiert und gesichert.
Umfangreiche Maßnahmen werten Umgebung auf

Bei den Maßnahmen rund um den Jüdischen Friedhof hatte der Heimatverein Wadersloh eine Erneuerung des Julius-Silberberg-Weges bei der Gemeinde Wadersloh beantragt. Ausgehend von der Straße „Kirckstiege“ soll der Weg erneuert und an den Endpunkten mit Pflastersteinen eingefasst werden. Vor dem neuen Tor wird künftig eine halbkreisförmige Pflasterung angelegt. Diese Maßnahme wird sich in Kürze der nun erfolgten Restaurierung des Eingangstores anschließen.
Die Restaurierung erfolgte unter Anleitung von Winnie Schlieper, der nicht nur 1. Vorsitzender des Heimatvereins, sondern auch staatlich geprüfter Restaurator ist. In ehrenamtlicher Arbeit wurden neue Stahlpfosten angefertigt, um das Tor aufzunehmen. Das Tor selbst wurde komplett neu aufgearbeitet. Dazu wurde die alte Farbe entfernt und dreifach neu aufgetragen, um das Material vor Witterung und insbesondere Rost zu schützen. Ergänzt wurde das ursprüngliche Tor durch einen giebelförmigen Aufsatz mit einem mittigen Davidsstern als Symbol des Volkes Israel und des Judentums.
Künftig soll eine Informationstafel zum Gedenken an die Wadersloher Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glauben am Friedhof installiert werden, die weitere Informationen zur Geschichte und Bedeutung des Friedhofs und der jüdischen Bestattungskultur gibt.
Gedenkfeier November-Progrome am 9. November 2022
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 setzten Nationalsozialisten und ihre Helfer in ganz Deutschland vor aller Augen Synagogen in Brand. Sie misshandelten jüdische Bürgerinnen und Bürger und demolierten deren Geschäfte und Wohnungen. Auch in Wadersloh zogen Schlägertrupps los, um Wohnungen und Geschäfte von jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern anzugreifen und zu zerstören. Am Mittwoch, dem 9. November 2022, um 19:00 Uhr laden der Heimatverein und die Gemeinde Wadersloh zu einer gemeinsamen Gedenkveranstaltung ein, um der Opfer der Pogrome in Wadersloh zu gedenken. Die Ansprache hält in diesem Jahr der Ehrenvorsitzende des Heimatvereins Wadersloh Herbert Fortmann.
Bildergalerie: Aufstellen des Tores am Jüdischen Friedhof







Fotos/Text: Brüggenthies