Wadersloh (mw/bb). Der Herbst ist da, die Tage werden kürzer, die Strom- und Heizrechnungen größer. Mit dem noch immer aktiven Kriegsgeschehen in Osteuropa, verschärft sich die wirtschaftliche Lage auch in unseren Breitengraden, da es aufgrund der Verknappung von Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1, erhebliche Kostensteigerungen mit weitreichenden Folgen gibt. Heizen wird aber für alle teurer, denn nicht nur Gaskunden sind von der aktuellen Energiekrise betroffen. Energiesparen ist das Gebot der Stunde. Die Gemeindeverwaltung Wadersloh hat dazu eine umfangreiche Energiespar-Agenda in Vorbereitung. Wir schauen uns die aktuelle Situation etwas näher an.
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Inhalt
Die aktuelle Heizsituation in Deutschland
Rund die Hälfte der bundesdeutschen Heizungen wird mit Gas betrieben. Der Anteil von Ölheizungen ist seit Jahren auf dem Rückzug und liegt bei rund einem Viertel. Ölheizungen sind weniger effizient. Hier haben sich die Preise seit dem Vorjahr für Privatkunden phasenweise verdoppelt, die neue Gasbeschaffungsumlage gibt es hier aber natürlich nicht. Dafür wurde bereits 2021 die CO2-Umlage eingeführt, die auf alle fossilen Brennstoffe aufgeschlagen wird und die jährlich steigt. Beim Gas sind das derzeit netto 0,65 Cent pro Kilowattstunde (kWh), beim Öl schon 0,9 Cent pro kWh, da ein weniger effizienter Brennstoff. Öl war schon teuer und wird jetzt – auch ohne Umlage – noch teurer.
Knapp 15 Prozent des deutschen Wohnungsbestandes wird mit Fernwärme beheizt, also einer Wärmelieferung zur Versorgung von Gebäuden mit Warmwasser und Raumwärme. Lieferanten von Fernwärme sind die Betreiber von Blockheizkraftwerke. Die meisten davon werden mit Gas betrieben, nur wenige z. B. mit Wärmepumpen.
Auch wenn einige Medienberichte besagen, dass Fernwärmekunden nicht von den aktuellen Preissteigerungen betroffen sind, ist das natürlich nicht ganz richtig. Die Betreiber eines Fernwärmenetzes verbrennen Gas und müssen die neue Gasbeschaffungsumlage an den Marktgebietsverantwortlichen Trading Hub Europe (THE) zahlen. Trotz der oft langen Laufzeiten von Fernwärmeverträgen müssen die Produzenten hier mit Verweis auf die außerordentlichen Produktionskostensteigerungen eine Preiserhöhung an die Kunden weitergeben. Wärme wird hier also indirekt teurer. Am härtesten getroffen hat es nun durch gestiegene Marktpreise und die neue Gasumlage aber vor allem die Gaskunden. Dabei muss berücksichtigt werden, dass es trotz des neuen Preisgefüges ab Herbst keine Garantie gibt, dass es zu einer ausreichenden physischen Gaslieferung kommt. Wir haben also – egal welchen Preis wir zahlen – eventuell nicht ausreichend Gas zur Verfügung. Es geht aktuell nur um eine Preisfrage, nicht um eine physikalische Lieferfrage.
Wer sorgt eigentlich in Wadersloh für Energie?

In Wadersloh sorgt die Wadersloh Energie GmbH als Grundversorger für Energie (Strom und Gas). Die 2011 gegründete Wadersloh Energie GmbH, ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Gemeinde Wadersloh und der Stadtwerke Lippstadt GmbH. „Als Versorgungsunternehmen können wir Kunden bis heute einen guten Service und günstige Preise anbieten“, sagt Norbert Morfeld, Geschäftsführer der Wadersloh Energie GmbH. Seit 2020 ist die Wadersloh Energie im Gemeindegebiet Grundversorger beim Gas (1.200 Kunden) und seit 2022 auch beim Strom (rund 2.500 Kunden). „Grundversorger ist das Unternehmen, welches im Gemeindegebiet die meisten Kunden“ erklärt Norbert Morfeld. „Wir haben uns damit im Wettbewerb mit anderen Anbietern durchgesetzt. Bei den Nachbarn in Lippstadt gibt es beispielsweise rund 190 Stromanbieter (Stand: August 2022).
Wer kümmert sich in Wadersloh um das Strom- und Gasnetz?
Seit 2020 ist das Strom und Gasnetz in der Gemeinde Wadersloh im Eigentum der Wadersloh Netz GmbH & Co. KG. Auch hier arbeitet die Gemeinde Wadersloh mit den Stadtwerken Lippstadt eng zusammen. Den Netzbetrieb (Zählermanagement, Wartung, Pflege und Ausbau) in Wadersloh macht nach wie vor die Westnetz, die hierfür die Netze angepachtet hat.
Ausblick: So geht es mit der Gasumlage weiter
Wenn die Umlage ab 1. Oktober 2022 da ist (und voraussichtlich bis Frühjahr 2024 bleibt), ist damit zu rechnen, dass Geringverdiener oder Haushalte mit hohem Verbrauch Zahlungsschwierigkeiten bekommen könnten. Beim laufenden Abschlag wird man das vielleicht noch nicht merken, aber zum Jahresende sicher schon. Haben die Städte und Gemeinden dann eine Schuldnerberatung, die den Menschen zur Seite stehen kann? An wen kann man sich wenden, wenn man nicht zahlen kann? An die Wadersloh Energie GmbH? Welche staatlichen Hilfen gibt es und wer ist überhaupt antragsberechtigt? Spannende Fragen.
Die Gasumlagen werden 1:1 weitergegeben. Pro Quartal kann die Umlage angepasst werden. Die Preisänderungen müssen den Kunden dabei jedes Mal frühzeitig mitgeteilt werden. Zusätzlich besteht ein außerordentliches Kündigungsrecht. Das Problem: Die komplizierten Vorgaben und häufigen Preisänderungen, die gemäß der Gasgrundversorgungsverordnung (GVV) dem Kunden aus juristischen Gründen sechs Wochen vorher auf dem Postweg zugestellt werden müssen.
Eine Gasmangellage würde den Netzbetreiber in den Kommunen betreffen. In Wadersloh könnte Westnetz entscheiden, wie die Energie zugeteilt wird. Müsste beispielsweise ein Industrieunternehmen 20 Prozent Gas einsparen, würde der Netzbetreiber hierüber informieren und der Lieferant müsste die Gasmenge entsprechend reduzieren. Sollte es eine Notfallstufe geben, genießen Privathaushalte darüber hinaus einen besonderen Schutz und wären priorisiert. Gleiches gilt für grundlegende Soziale Dienste oder Rettungsdienste, wie die Feuerwehr.
Das kleine Einmaleins des Energiesparens
Die Devise lautet jetzt erst einmal: Energie sparen. Viel kann man nicht tun, aber es gibt durchaus noch einige Spar-Stellschrauben, an die man drehen kann. Die EU-Staaten, und damit auch Deutschland, haben sich im Rahmen eines Gasnotfallplans dazu entschieden, 15 Prozent Gas einzusparen. Durch weniger Verbrauch. Indem z. B. auch öffentliche Gebäude weniger beheizt werden und die Heizung in Privathaushalten weniger hoch aufgedreht wird. Geregelt wird das alles in der sogenannten Energieeinsparverordnung, die seit dem 1. September 2022 für insgesamt sechs Monate (bis zum 28. Februar 2023) gilt.
Für die Gemeindeverwaltung und öffentliche Gebäude gibt es mehrere Maßnahmen, die seitdem umgesetzt werden müssen. In den Verwaltungsräumen und dem Bauhof wird die Raumtemperatur auf 19 Grad abgesenkt, die Beheizung von Flurbereichen wird eingestellt. Auch Objektbeleuchtungen, wie z.B. die der Kirchen und des Museums sind untersagt. Weitere Einsparmöglichkeiten hat die Gemeinde Wadersloh im Rahmen des Hauptausschusses am 19. September 2022 bekannt gegeben (Anm. d. Red.: hierzu erfolgt eine separate Berichterstattung. Bereits am 20. September haben wir im Auftrag der Gemeindeverwaltung eine Video-Ansprache des Bürgermeisters erstellt.).
Was man vorsorglich tun kann, damit niemand im Winter frieren muss?
Mit den Sparmaßnahmen könnte das gelieferte Gas über den kommenden Winter reichen. Pro vermiedenem Grad kann man etwa 5-7 Prozent des Verbrauchs sparen. Allerdings machen das schon viele Menschen so. Das gesamte Einsparpotential von 15 Prozent zu erreichen, wird also nicht ganz einfach. Muss man öffentliche Einrichtungen, wie Schwimmbäder, dann besser schließen, um Energie zu sparen? Verzichten wir dann besser auf ein wenig Komfort, damit die Industrie genug Energie für die Produktion hat? Wo kann jeder selbst Energie sparen? Wo kann die Verwaltung Energie sparen? Wer informiert die Bürgerinnen und Bürger über Einsparmöglichkeiten?
Nobert Morfeld rät auf jeden Fall dazu, schon jetzt damit anzufangen, Energie zu sparen. Siegfried Müller, Geschäftsführer der Stadtwerke Lippstadt, rät angesichts der eklatanten Preisentwicklung allen in der Industrie, die es können, am besten auf Öl und Flüssiggas umzusteigen.
„Anders als die Wadersloh Energie haben viele Mitbewerber die Gaspreise mit Einführung der neuen Umlagen gleich mitangehoben. Das konnten wir bisher aufgrund unserer Einkaufspolitik verhindern. Wir haben hier aber eine sehr dynamische Marktbewegung. Dies trifft uns insbesondere dann, wenn Anbieter aufgrund des Preisdrucks nicht mehr liefern können oder wollen. Die immensen Preissteigerungen werden durch die Händler an den Börsen getrieben und das erschwert auch uns eine Planung für das nächste Jahr“, sagt Müller. „Jede nicht verbrauchte Kilowattstunde ist eine Gute, sagen die Vertriebler, die ja eigentlich verkaufen wollen. Natürlich ist das Erreichen eines 15-prozentigen Energieeinsparpotentials nicht ganz einfach und für viele von uns sicher auch ein Wohlstandsverlust. Momentan hilft aber nur Sparen, Sparen, Sparen“, so Müller.
Das rät der Frachtbetrieb: Im Gespräch mit Michael Voss (Schürmann & Voss)
Schon mit wenigen Handgriffen lässt sich Energie und somit auch Geld sparen. Dennoch gilt es, ein paar Dinge zu beachten. Michael Voss von „Schürmann & Voss“ weiß als Experte für Heizung, Sanitär und Elektroninstallation Rat.

„Zu beachten ist, dass das Ändern der Heizungseinstellungen oft in direktem Zusammenhang mit Trinkwasserhygiene steht. Die Einstellungen der Brauchwassertemperatur und der Laufzeit der Zirkulationspumpe sollte daher nur nach ausführlicher Information oder Beratung durchgeführt werden“, so Michael Voss. Bei Wartungen werden neben Reinigung und Kontrolle auch die Einstellungen der Heizung geprüft und bei Bedarf optimiert. „Eine gut eingestellte und entlüftete Heizungsanlage kann schon einiges an Energie sparen“, rät der Experte.
Noch einfacher ist es, die Raumtemperaturen anzupassen. Denn oft reicht schon eine Raumsolltemperatur von 20 Grad an der Heizung vollkommen aus. „Wichtig ist es, die Nachtabsenkung kontrollieren und gegebenenfalls anzupassen. Und ganz wichtig: Bei Abwesenheit das Heizungsthermostat runterregeln!“, so Michael Voss. Schon ein einziger Grad bei der Vorlauftemperatur kann theoretisch 4-6 Prozent Energie sparen.
Wichtig ist darüber hinaus die Dämmung von „Wärmebrücken“ (bekannt auch als „Kältebrücken“), also die fachgerechte Isolierung von Kellerdecken, der Heizkörpernischen und des Dachs. Energie sparen lässt sich auch über den Austausch der Heizkreispumpe. Hocheffizienzpumpen können bis zu 90 Prozent der hierfür anfallenden Stromkosten einsparen. Für ein neues Heizungssystem ist aber eine größere Vorlaufzeit einzuplanen, denn dieses muss individuell vom Fachbetrieb geplant werden. Wärmepumpen können im Bestandsgebäude mit Heizkörpern eingebaut werden, diese müssen aber möglicherweise aufgrund der Vorlauftemperaturen ausgetauscht werden. Alternativen sind Hybridsysteme mit Brennstoffzellen. Auch der Austausch einer Heizwertanlage gegen eine Brennwertanlage kann Energieeinsparungen mit sich bringen.
Ein guter Rat ist, sich an eine Energieberatungsstelle über aktuelle Möglichkeiten zu informieren. Und in Sachen Wartung rund um Heizung und Co. ist „Schürmann & Voss“ ein möglicher Ansprechpartner in der Region.
Warum der Kauf von Elektro-Heizstrahlern keine gute Idee ist
Der Kauf von Elektro-Heizstrahlern ist, zumindest finanziell gesehen, eine schlechte Idee. Die sorgen zwar für etwas Wärme, wenn tatsächlich kein Gas mehr an besonders schützenswerte Letztverbraucher (sprich: private Haushalte) fließen sollte, aber mit Strom zu heizen ist sehr ineffizient. Und da der Strompreis – trotz Wegfall der EEG-Umlage – ebenfalls deutlich steigen wird (die Marktpreise haben sich versechsfacht!), ist auf diesem Weg kein Geld zu sparen.
Weiterführende Links
- Webseite der Gemeinde Wadersloh (externer Link)
- Klimatipp des Monates auf der Seite der Gemeindeverwaltung (externer Link)
- Webseite von Wadersloh Energie (externer Link)
- Energieberatung der Verbraucherzentrale (externer Link)
- Stromspar-Check (Verbundprojekt der Caritas und dem Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen mit Stromspar-Tipps (externer Link)
Fotos/Text: B. Brüggenthies